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- Jemand erzählte von einem befreundeten lyriker. 

  Ein gedicht, dass ihm besonders gefiel, 

  wußte er zu rezitieren:

 

oh urknall 

im all

bei deinem klang

und lautem schall

wird mir so bang,

so bang,

oh bang

 

      

 

  Später traf ich den autor. 

  Von dem gedicht wußte er nichts. 

  Es war ihm unbekannt,

  gefiel ihm aber gut.

  Als ich den rezitator wiedertraf, 

  und ihn zu der herkunft des verses befragte, 

  wußte auch er nichts mehr davon. 

  Auch ihm war er unbekannt.-

 

 

-merkwürdige Geschichte. Ein gedicht aus dem Nichts.

 

-Wie der Urknall.

 

-Ein schall im All? Das kann es ja wohl nicht geben.

 

-Da müssen Sie schon früher beginnen. Einen Urknall im All kann es auch nicht geben.

 

-Warum nicht?

 

-Weil noch kein All war. Es sollte, so die Annahme, ja durch den urknall erst entstehen.

 

-Urknall war ja nur die spottbezeichnung des Physikers Fred Hoyle, der die plötzliche Ausdehnung, den Big Bang, wie er es nannte, bezweifelte. Sie hat sich dann etabliert. 

 

-Wie einst bei den Impressionisten, die man zunächst auch aus Spott so genannt hatte.

 

-So ähnlich. Gemeint war die plötzliche ausdehnung einer unendlich gekrümmten Raum-Zeit.

  Ein Null-Punkt, der sich plötzlich entfaltet.

 

-Aber wohin entfaltet er sich, wenn durch die Entfaltung erst Raum und Zeit entstehen sollte?

  Und warum plötzlich, wenn es ohnehin noch keine Zeit gab?

 

-Der Raum selber dehnt sich aus.

 

-der Raum ist bereits die Ausdehnung. Eine Ausdehnung, die sich ausdehnt? Wohin?

 

-Es ist halt ein Versuch der Anschaulichkeit.

 

-Eine Anschaulichkeit, die eine Sinnlichkeit vorgibt, die nicht nur keine sein kann, sondern die sich in ihren Begrifflichkeiten auch selber aufhebt?  

 

-Es war unverstellbar heiß nach dem Urknall.

 

-Schon vorstellbar, bei der Enge.

 

 -Es gab noch keine Atome, nur Quantenteilchen.

 

-Sagt die Quantentheorie?

 

-Der Urknall ist eine Theorie, die, nach allem was wir wissen,  die plausibelste ist.

 

-nach allem was wir wissen?  aus der Quantenphysik?

 

-Nicht nur. Auch aus der Relativitätstheorie, wegen der Krümmung und so.

 

-Aber zum großteil aus der quantenphysik?

 

-freilich. gerade aus der quantentheorie  ergeben sich  neben der Relativitätstheorie die grundlegenden annahmen zur urknalltheorie über den anfang der welt, den anfang von raum und zeit.

 

-wer hat denn die quantenphysik entwickelt?

 

-etliche waren daran beteiligt. heisenberg ist einer der bekanntesten. von ihm stammt der satz: eine maus, die das universum beobachtet, verändert es.  die  quantenphysik untersucht die wechselbeziehung vom beobachter zum beobachtetem vorgang.

 

-die beobachtung verändert das beobachtete. das sagt die quantenphysik?

 

-das verhältnis von beobachter und beobachtetem führt zur unbestimmbarkeitsregel. es ist nicht möglich, den ort eines teilchens zu bestimmen und zugleich seine energie. misst man das eine, hat man das andere nicht. 

 

-ein  Pfeil, den man fängt, hat einen bestimmbaren ort, aber er fliegt nicht mehr. ein pfeil der fliegt, hat keinen bestimmbaren ort.

 

-so ähnlich. daher hat man es in der quantenphysik mit wahrscheinlichkeitsfeldern zu tun,  wahrscheinlichkeitskataloge, die das messproblem formalisieren.  die auf diese weise  rechenoperationen zulassen und ergebnisse vorhersagen können.

 

-wahrscheinlichkeitskataloge, die das messproblem formalisieren. 

  also das verhältnis von bebachtung und ereignis formalisieren? 

 

- genau so.

 

-Und darauf basiert die Urknalltheorie. Wer hat dann den Urknall beobachtet?

      

- es ist, wie gesagt, der Versuch einer anschaulichkeit.

Das kann man so oder so sehen.

 

-Eine moderne legende, das mit dem urknall?

 

-na ja, legende ist nicht das übliche Wort.

 

-physiker in weißen kitteln und gekachelten räumen, den ganzen tag im labor vor geräten und tastaturen. Abends fahren sie nach hause und ab und zu auf kongresse oder in urlaub. Nicht fähig, aus funktionalen Kausalitäten herauszudenken,

sich nach befreiung sehnend, aber keine eigene bewegung habend. Da denken sie, das universum sei durch einen urknall entstanden. 

 

- so pauschal kann man das nicht sehen wollen.

 

 - Die sehnsucht nach befreiung. bürotürme wie Termitenbauten und ein urknall. So entsteht die Legende  vom Urknall als  Anfang schlechthin.

 

-Es ist doch nur ein Versuch die Erkenntnisse aus Relativitätstheorie und  Quantenphysik über den Anfang der Welt irgendwie fassen zu können.

 

-Ist es nicht eine fragwürdige annahme, das große sei aus dem Kleinen zu begründen, die Dinge aus  ihren  vermeintlichen Bestandteilen, aus dem Wirken von atomen und Quantenteilchen zu erklären,  wie die  Vorstellung vom Urknall es tut?  Zu meinen, der Apfel auf dem Tisch stamme vom Urknall ab  und sei damit in seiner Existenz ergründet?

 

- na ja, zumindest stammt dieser Apfel von einem Baum ab. Und das erklärt schon mal einen nicht  unbeträchtlichen kausalen aspekt seiner Existenz.

 

-Er ist aber jetzt da. Nichts kann begründen, dass er  i s t.  

 Ihn zu erblicken. im Augenblick. 

 

-sie meinen, das ist der anfang von allem? 

 

-anfang kommt von fangen. was fängt im anfang und was wird gefangen?

 

-wie auch immer. jedenfalls gibt es hypothesen, wie der apfelbaum sich entwickelt haben könnte, bis hin zum ersten leben, aus molekülketten, die sich organisierten. 

 

- wenn sie sagen der apfelbaum habe  sich   entwickelt,

setzen sie ihn als veranlasser seiner entwicklung bereits voraus. er war schon vorher, nur nicht ent-wickelt-

ebenso im falle sich organisierender  molekülketten,

wo sie eine  systemische gemeinsamkeit im hinblick auf das sich Organisierende, mithin ein Subjekt, bereits voraussetzen.-

 

- man muss es ja irgendwie anschaulich machen.

 

-wenn die anschaulichkeit nicht stimmig ist, weist das dann nicht eher darauf hin, dass, die der anschaulichkeit zugrundeliegene annahme falsch ist und deswegen zur falschen anschauung führt?

der Denkfehler solcher hypothesen, respektive der ihr entsprechenden  Evolutionstheorien

liegt in der stets unterschwellig vorausgesetzten Annahme eines moleküle-organisierenden Subjekts oder Systems als Bewirkendes - bevor dieses entstanden sein soll.

eine Teleologie zu der man freilich keine rechenschaft ablegt, die dann meist mit phraseologien,

ala' die Evolution will... oder das Leben will ... leben und sich fortpflanzen  verschleiert und zugleich geleugnet wird. künftige Generationen werden sich über den zeitgenössischen aberglauben vielleicht einmal amüsieren.

 

-es ist keine teleologie sondern das ergebnis von selektion.  gewisse molekulare verbindungen sind überlebensfähiger als andere.  wir neigen dazu, dem ergebnis solcher selektionsprozesse zielgerichtetheit zu unterstellen, dabei ist es einfach nur übriggeblieben. es hat sich erhalten, die anderen nicht.

 

- es hat sich erhalten, sagen sie. welches sich ?  so auch, wenn sie von überlebensfähig  reden. sie setzen einen überlebenswillen voraus. was will überleben? es bleibt die gleiche teleologie: sie setzen ein subjekt als anlass seines eigenen zustandekommens und seines bestehenwollens voraus.

kausal ist es nicht ableitbar.

 

-mit der Selektionstheorie ist es wie bei einem Sieb,  gewisse formen fallen hindurch, andere verbleiben im Sieb. Wir neigen dazu, dem Ergebnis zielgerichtetheit zu zuweisen, dabei ist es ein kausaler, mechanischer vorgang.

 

-ein vorgang, der schwerkraft voraussetzt. Die selektion bei einem Sieb basiert auf dem Zug der Schwerkraft. Übertragen sie das auf die selektionslehre, setzen sie damit wiederum eine selektionsbewirkende Kraft, einen antrieb oder Zug voraus, der kausal nicht begründet wird und es auch nicht sein kann .  

 

-der urknall und die evolution der materie ist jedenfalls, nach allem was wir wissen, eine plausible theorie.

 

-Ach was. Ein zurechtgelegtes Konstrukt.

Darum wird die Homöopathie so heftig von der naturwissenschaft bekämpft.

weil mit der homöopathie das gesamte naturwissenschaftliche weltbild über die entstehung der materie, über die entstehung von quantenteilchen, atomen und molekülen hinfällig ist.

 

-so?

 

- genau so. In der homöopathie sind die eigenschaften und die effiziens eines homöopatischen mittels nicht aus der materie determinierbar. daher regen sich naturwissenschaftler über die anwendung der homöopathie auch derart auf. das stetig wiederholte Apodiktum,  wo materiell nichts ist, könne auch nichts wirken, ist für diese leute ein fundamentaler glaubensatz. fällt er weg, bricht für sie die basis des naturwissenschaftlichen Weltbildes weg. Die gesamte Materietheorie, vom Urknall bis zum Schwarzen Loch ist mit der Homöopathie widerlegt.

In einer Welt, die nicht determinierbar ist, keine descartes'sche Maschine darstellt, fürchten sie die Haltlosigkeit und kommen ins Schwimmen.

 (...)

 

 

 

 

 

(c) herbert antonius weiler 2002 / 2016 

 

                                                                          ----

 

 

Textauszug

Der Essay findet sich in  dem Buch: 

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