Seit Beginn der US-amerikanischen Präsidentschaft des Donald Trump,  wird durch dessen Tochter Ivanka, die seit März 2017 unter dem Titel Assistant to the President agiert, gleichsam vom Weißen Haus aus für Tranzendentale Meditation geworben.

Da scheint es angeraten auf Martin Bubers Note zu Versenkungslehren, hinzuweisen. Hier am Beispiel buddhistischer Praktiken, jedoch methodologische Heilslehren und mentale Techniken generell betreffend.

 

Eine Auswirkung der Wahrnehmung als Bestimmendes >> - wie im Horoskop der US-amerikanischen Verfassung anschaulich - ist der Ausschluß des Gegenübers in Form der Illusion einer geistigen Technik. Und der Glaube, der Himmel ließe sich methodisch dienstbar machen. 

Dies ist die von Wolfgang Döbereiner beschriebene Esoterik als eine folgerichtige andere Seite der Wissenschaftsgläubigkeit. 

 

Wer das Seiende als Gegenstand einer Aussage behandelt, zieht es in die Schiedlichkeit, die Antithetik der Eswelt - in der es kein Heilsleben gibt. Martin Buber

 

 

 

 

 

Martin Buber:

 

Alle Versenkungslehre gründet in dem gigantischen Wahn des in sich zurückgebognen menschlichen Geistes: Er geschehe im Menschen. 

In Wahrheit geschieht er vom Menschen aus - zwischen dem Menschen und Dem, was nicht er ist. Indem der zurückgebogne Geist diesem seinem Sinn, diesem seinem Beziehungssinn absagt, muss er Das, was nicht der Mensch ist, in den Menschen hereinziehen, er muss Welt und Gott verseelen. 

Dies ist der Seelenwahn des Geistes.

 

"Ich verkündige, Freund", spricht Buddha, "dass in diesem klaftergroßen, empfindungsbehafteten Asketenleibe die Welt wohnt und die Entstehung der Welt und die Aufhebung der Welt und der Weg, der zur Aufhebung führt." 

Das ist wahr, aber im Letzten ist es nicht mehr wahr.

Gewiss "wohnt" die Welt in mir als Vorstellung, geradeso wie ich in ihr als Ding wohne, aber darum ist sie doch nicht in mir, geradeso wie ich doch nicht in ihr bin. Sie und ich sind wechselseitig einbezogen. 

 

Dieser Denkwiderspruch, dem Denkverhältnis inheränt, wird vom Duverhältnis aufgehoben, das mich von der Welt löst, um mich mit ihr zu verbinden. ... 

 

Die Entstehung der Welt und die Aufhebung der Welt sind nicht in mir; sie sind aber auch nicht außer mir; sie sind überhaupt nicht, sie geschehen immerdar und ihr Geschehen hängt auch mit mir, mit meinem Leben, meiner Entscheidung, meinem Werk, meinem Dienst zusammen, hängt auch von mir, von meinem Leben, meiner Entscheidung, meinem Werk, meinem Dienst ab. 

 

 Aber nicht davon, ob ich die Welt in meiner Seele bejahe oder verneine, sondern davon, wie ich meine Seelenhaltung zur Welt, zu welteinwirkendem Leben, zu Wirklichem Leben werden lasse.

 

 

 

Diesen Anspruch (dass das Allwesen und das Selbstwesen dasselbe seien und also kein Dusagen eine letzte Wirklichkeit zu gewähren vermöge) beantwortet die Lehre selbst.

Eine Upanischad erzählt, wie der Götterfürst Indra zu Pradschapati, dem Schöpfergeist, kommt, um zu erfahren, wie man das Selbst finde und erkenne. Er weilt ein Jahrhundert im Schülerstand, wird zweimal mit unzulänglicher Auskunft entlassen, bis sich ihm endlich die rechte zuteilt: "Wenn einer im Tiefschlaf beschlossen traumlos ruht, dies ist das Selbst, dies ist das Unsterbliche, das Gesicherte, das Allwesen." Indra zieht von dannen, aber bald beschleicht ihn ein Bedenken; er kehrt um und fragt: "In solcher Verfassung, oh Erhabener, weiß einer nicht von seinem Selbst: "Das bin ich", und nicht: "Das sind die Wesen". Der Vernichtung ist er anheimgefallen. Ich sehe hier kein Frommen." "Ganz so, oh Herr, verhält es sich damit", entgegnet Pradschapati. 

 

Ein Subjekt, das sich des Objektes enthebt, hebt sich als Wirkliches auf.

Insofern die Lehre eine Aussage über das wahre Sein enthält, hat sie, wie immer es um ihren - in diesem Leben nicht zu ermittelnden - Wahrheitsgehalt steht, mit Einem nichts gemein: mit der gelebten Wirklichkeit; sie muß diese denn auch zur Scheinwelt erniedern. 

 

Und insofern die Lehre eine Anleitung zur Versenkung in das wahre Sein enthält, führt sie nicht in gelebte Wirklichkeit, sondern in die »Vernichtung«, in der kein Bewußtsein waltet, aus der kein Gedächtnis leitet, und als deren Erfahrung der Mensch, der ihr enttaucht ist, immerhin das Grenzwort der Nichtzweiheit bemag, doch ohne diese als die Einheit proklamieren zu dürfen.

Wir aber wollen das heilige Gut unserer Wirklichkeit, das uns für dieses Leben, und vielleicht für kein anderes, wahrheitsnäheres, geschenkt ist, heilig pflegen.

In der gelebten Wirklichkeit gibt es keine Einheit des Seins. 

Wirklichkeit besteht nur im Wirken, ihre Kraft und Tiefe in der seinen. Auch »innere« Wirklichkeit ist nur, wenn Wechselwirkung ist. Die stärkste und tiefste Wirklichkeit ist, wo alles ins Wirken eingeht, der ganze Mensch ohne Rückhalt und der allumfassende Gott, das geeinte Ich und das schrankenlose Du. 

 

Buddha, der Vollendete und der Vollender, sagt nicht aus. Er weigert sich zu behaupten, dass Einheit sei und dass sie nicht sei; dass der durch alle Proben der Versenkung Gegangene nach dem Tod in der Einheit bestehe und dass er nicht in ihr bestehe.

Diese Weigerung, dieses edle Schweigen wird auf zweierlei Art erklärt; theoretisch: weil die Vollendung den Kategorien der Aussage entzogen sei; praktisch: weil die Enthüllung ihres Wesensbestands nicht ein wahrhaftes Heilsleben begründe. 

Beide Erklärungen gehören als Wahrheit zusammen: Wer das Seiende als Gegenstand einer Aussage behandelt, zieht es in die Schiedlichkeit, die Antithetik der Eswelt - in der es kein Heilsleben gibt. ... Buddha kennt das Dusagen zum Menschen - das zeigt der groß überlegene, aber auch groß unmittelbare Verkehr mit den Schülern -, doch er lehrt es nicht; denn dieser Liebe, die "alles, was geworden ist, unbegrenzbar eingreifen in der Brust" heißt, ist das schlichte Gegenüberstehen von Wesen zu Wesen fremd. 

 

Gewiss kennt er in der Tiefe seines Schweigens auch das Dusagen zum Urgrund, über all die von ihm wie Schüler behandelte "Götter" hinweg, - aus einem zur Substanz gewordenen Beziehungsvorgang ist seine Tat gekommen, auch sie eine Antwort an das Du; aber er verschweigt es. ... 

Und er führt das geeinte Wesen nicht weiter zu jenem höchsten Dusagen, das ihm erschlossen ist. Seine Entscheidung im Innersten scheint auf die Aufgabe des Dusagenkönnens zu gehen. ...

 

Seine Völker-Nachfolge jedoch, das große "Fahrzeug", hat ihn herrlich verleugnet. Sie hat das ewige Du des Menschen angesprochen - unter Buddhas Namen. Und als den kommenden Buddha, den letzten dieses Weltalters, erwartet sie den, der die Liebe erfüllen soll.

 

aus Das Dialogische Prinzip / Ich und Du, Martin Buber, Verlag Lambert Schneider, 1962, S. 89

 

 

 

 

                                                 

 

                                                                        ...........................................................