Die chaldäische Spiegelung
Die Chaldäische Reihe stellt eines der ältesten Systeme der astrologischen Anschauung dar. Erstmalig wird sie im Tetrablios des Ptolomäus erwähnt. Sie richtet sich nach dem Rhythmus der sieben sichtbaren Planeten und stellt diese, aus geozentrischer Sicht, nach ihrer Geschwindigkeit in eine Reihe. Beginnend mit dem Mond, der zwölf bis dreizehn Mal im Jahr den Tierkreis durchwandert. Es folgt der Merkur, der für eine Runde im Tierkreis 88 Tage, also 0,24 Jahre braucht, dann die Venus mit einer Runde von 225 Tagen gleich 0,63 Jahren.
Die Sonne bestimmt das Jahr und damit das Maß der Reihe mit 364 Tagen. Dann folgt der Mars, der mit 687 Tagen rund 1,88 Jahre braucht. dann der Jupiter mit seinen annähernd zwölf Jahren und schließlich der Saturn, der nach 29,5 Jahren seine Runde auf der Ekliptik vollendet.
Es ergibt sich eine Siebener-Reihung mit der Sonne in der Mitte.
Jene Planeten die sich schneller als die Sonne bewegen, Mond, Merkur und Venus werden als untersonnige Planeten bezeichnet, Mars, Jupiter und Saturn als die obersonnigen Planeten.
Aus dieser Reihung nach der Geschwindigkeit des Umlaufs, angeordnet zu einem Kreis, wurden anhand eines siebenzackigen Sterns die Namen und Zuordnungen der Wochentage abgeleitet.
Fünf der Planeten herrschen zugleich über zwei Tierkreiszeichen, der Saturn über Wassermann und Steinbock, der Jupiter über Fische und Schütze, der Mars über Skorpion und Widder, die Venus über Waage und Stier, der Merkur über Jungfrau und Zwillinge. Der Mond herrscht alleine über den Krebs und die Sonne alleine über den Löwen.
Die Siebenzahl der Planeten mit dem Saturn als Grenze blieb mehr als zwei Jahrtausende gültig. Sie stellen die beweglichen Himmelskörper dar, die mit bloßem Auge sichtbar sind und die man berechnen konnte.
Mit der Erfindung des Fernrohrs wurde die gewachsene Grenze des Schauens verlassen. In den Niederlanden um 1608 erfunden, suchte Galilei es als Beweismittel für das kopernikanische heliozentrische Weltbild heranzuziehen.
Hanah Arendt stellte in einer Betrachtung den damit verbundenen Bewusstseinswandel heraus, nach dem die Sinne künftig als untauglich betrachtet wurden, Erkenntnis über die Beschaffenheit der Welt zu vermitteln. So, dass das heutige naturwissenschaftliche Weltbild letztlich eine Wirklichkeit suggeriert, deren wahre Beschaffenheit nur über Instrumente zugänglich ist:
"Das Naturbild der modernen Physik, dessen Anfänge man bis auf Galilei zurückverfolgen kann, und das dadurch entstand, daß das Vermögen des menschlichen Sinnesapparats, Wirklichkeit zu vermitteln, in Frage gestellt wurde, zeigt uns schließlich ein Universum, von dem wir nicht mehr wissen,
als daß es in bestimmter Weise unsere Meßinstrumente affiziert; und das, was wir von unseren Apparaten ablesen können, sagt über die wirklichen Eigenschaften, nicht mehr aus, als eine Telephonnummer von dem aussagt, der sich meldet, wenn wir sie wählen. ( Werner Heisenberg. Naturbild der heutigen Physik, 155, S. 17, , von Hannah Arendt zitiert) >>
Um 1781 entdeckte Wilhelm Herschel mit dem Fernrohr den Planeten Uranus, den ersten jener Himmelkörper, die sich jenseits des Saturns befinden und die sich nur mit Instrumenten beobachten lassen. Zwar ist der Uranus manchmal auch mit bloßem Auge sichtbar, jedoch hatte man ihn zuvor für einen Fixstern gehalten, da man seine Bewegung nicht verfolgen konnte.
Es folgte im Jahre 1846 die Entdeckung des Neptuns und die des Plutos im Jahre 1930. Letzterem wurde vor einigen Jahren aus naturwissenschaftlicher Sicht der Status als Planet abgesprochen, da er, wenn auch als größter, einer Reihe von Himmelskörpern des Kupier-Gürtels zuzuordnen sei, einer peripheren Region an der Grenze des Sonnensystems mit etlichen entdeckten und vermuteten unentdeckten Objekten.
In der astrologischen Systematik fand sich der Uranus nach einiger Zeit als neuer Herrscher des Wassermanns ein, den bisherigen Saturn ersetzend, der Neptun als Herrscher des Zeichens Fische, den Jupiter ersetzend und der Pluto als Herrscher des Skorpions, den bisherigen Herrscher Mars ersetzend.
Im Hinblick auf die Chaldäische Reihe mit ihren drei obersonnigen Planeten Mars, Jupiter und Saturn ergibt sich auf diese Weise eine Spiegelung über die Grenze des Saturns. Eine Spiegelung in der Folge ihrer Entdeckung und, damit zusammenhängend, ihrer Geschwindigkeit, die sich aus der Entfernung ergibt. Es ist dies die Spiegelung über die Janus-Achse, der Grenze von Wassermann und Steinbock. >>
So trat Uranus als der erste der trans-saturnischen Planeten an die Stelle des Saturns als Herrscher des Wassermann, der Neptun an die Stelle des Jupiters und der Pluto an die Stelle des Mars. Vom Janus-Punkt aus geschieht dies mithin in der Reihenfolge der Parallelzeichen Wassermann, Fische Skorpion.
Auf diese Weise spiegeln sich die drei obersonnigen Planeten Mars, Jupiter, Saturn in umgekehrtem Verhältnis zu ihrer Umlaufzeit und Entfernung als Uranus, Neptun und Pluto.
- Nach der Reihe der obersonnigen Planeten würde nun, mit Blick auf die Spiegelachse 0° Wassermann, die Sonne selbst folgen.
- Dies widerspräche jedoch dem Bild, bzw. der Systematik der Chaldäischen Reihe, da die Sonne ja Maß und Mitte der Reihe bildet.
- Heliozentrisch stellt sie ohnehin das Zentralgestirn dar und in einer heliozentrischen chaldäischen Reihe würde die Erde ihre Stellung einnehmen.
- Eine Entsprechung der Sonne jenseits des Pluto kann nur die Peripherie sein. Die Himmelskörper, die sich dort finden lassen, können daher astrologisch keine wesentliche Bedeutung haben.
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(C) Herbert Weiler, Januar 2023
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